Diversity Consulting Dr. Steffi Nothnagel

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Wie gestalte ich diversitätssensible Personalgewinnung in Zeiten des Fachkräftemangels?

Beitragsbild Wie gestalte ich diversitätssensible Personalgewinnung? Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel führt dazu, dass der Wettbewerb um gut ausgebildete Arbeitskräfte zunimmt. Die Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass wir in den kommenden Jahren einen Bedarf an zusätzlich 350.000 bis 400.000 erwerbstätigen Personen in Deutschland haben, Tendenz steigend.

Davon betroffen sind vor allem die Berufsbereiche Gesundheit und Pflege, Soziales und Bildung, Handwerk und IT-Berufe sowie Metall- und Elektroberufe (KOFA 2023). Aktuell sehen mehr als 50% der Unternehmen im Fachkräftemangel die größte Gefahr für ihre Geschäftsentwicklung (ifo 2022).

Die Gründe für den Fachkräftemangel sind vielfältig: demografischer Wandel, gesellschaftlicher Wandel, technologischer Wandel (Digitalisierung), Klimawandel. Es handelt sich um ein sehr dynamisches Geschehen. Auf dem Weg zur digitalen Wissensgesellschaft, die dem Klimawandel begegnen muss, steigen auch die Anforderungen an die Arbeitnehmer*innen. Gleichzeitig verändern sich zunehmend die Bedürfnisse der Beschäftigten (Pandemie, New Work). Vor allem jüngere Menschen stellen die Sinnhaftigkeit der Arbeit, die Werte (Passung der Unternehmenskultur zu den persönlichen Werten), die Selbstbestimmungsmöglichkeiten, persönliche Gesundheit und Aspekte wie Nachhaltigkeit stärker in den Vordergrund.

Dem Fachkräftemangel begegnen

Dem Fachkräftemangel kann u. a. durch den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland begegnet werden. Dabei handelt es sich um einen anspruchsvollen Prozess, vom Recruiting über das Onboarding bis hin zur Integration der internationalen Arbeitskräfte ins Unternehmen. Bei der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland unterstützen die Bundesagentur für Arbeit sowie Personalvermittlungsunternehmen im In- und Ausland. Hier ist neben dem administrativen Know-how auch ausgeprägte interkulturelle Kompetenz gefragt.

Neben der Anwerbung internationaler Fachkräfte dürfen auch bisher ungenutzte Potenziale des Marktes ausgeschöpft werden. Ein Großteil der sog. stillen Reserve ist bereits am Arbeitsmarkt beschäftigt, wird aber unterbezahlt und unterfordert. Das gilt vor allem für Frauen. Es gibt einerseits immer mehr Personen, die in Teilzeit arbeiten möchten, andererseits würden 9,5% der Teilzeitbeschäftigten ihr Arbeitspensum gern steigern (bpb 2020). Zur ‚stillen Reserve‘ gehören auch viele überdurchschnittlich gut qualifizierte Menschen mit Schwerbehinderung, ältere Menschen, Quereinsteiger*innen, Personen mit niedrigen Bildungsabschlüssen, die oftmals gar nicht erst in Betracht gezogen werden.

Die wichtigste Voraussetzung in Zeiten des Fachkräftemangels ist ein solider Grundstock an Personen, die gern für das Unternehmen arbeiten und sich positiv mit ihm identifizieren. Wenn vor diesem Hintergrund neue Mitarbeiter*innen rekrutiert werden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Rekrutierung erfolgreich ist und die neuen Beschäftigten auch mittel- bis langfristig im Unternehmen verbleiben.  

Welche Faktoren erleichtern die Bindung von Mitarbeiter*innen?

Eine besonders wichtige Rolle für die Bindung von Mitarbeiter*innen ist eine positive Unternehmenskultur, die folgende Aspekte umfasst:

  • Offenheit und Transparenz in der Kommunikation
  • Vertrauen und Respekt
  • Förderung von Kooperation im Sinne von Teamarbeit und Zusammenarbeit
  • Wertschätzung und Anerkennung (Feedback)
  • Förderung von Work-Life-Balance
  • Entwicklungsmöglichkeiten
  • Vielfalt und Inklusion
  • Unterstützung von Innovation und Kreativität

Wenn die Fachkräftesicherung nur gelingen kann, indem wir internationale Fachkräfte anwerben und die in Deutschland bisher unausgeschöpften Potenziale des Arbeitsmarktes heben, dann spielt der Aspekt der Vielfalt und Inklusion eine ganz entscheidende Rolle.

Checkliste zur Gestaltung einer vielfaltsorientierten Unternehmenskultur Fachkräftemangel

Wie gelingt diversitätssensible Personalgewinnung?

Rund ein Drittel aller Anfragen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes betreffen Diskriminierungserfahrungen im Arbeitsleben (2023). Gerade im Einstellungsprozess gibt es aufgrund von Stereotypen und Vorurteilen sowie Unconscious Bias erhebliche Diskriminierungsgefahren für Bewerber*innen (Kersting/Ott 2015).

Mögliche Maßnahmen für eine diversitätssensible Personalgewinnung sind folgende:

  • Sensibilisierungstrainings für Diversity und Unconscious Bias für Personen, die Personalentscheidungen treffen und an Personalauswahlprozessen beteiligt sind
  • Diversitätsbewusstes Recruiting: z.B. Zusammenarbeit mit Organisationen und Unternehmen, die bei Inklusionsprojekten unterstützen, Kooperation mit Frauennetzwerken, Nutzen von diversitätsorientierten Netzwerken, Jobmessen und Jobportalen
  • Einsatz von diversitätssensiblen Stellenausschreibungen: AGG konform, (gender)inklusive Sprache und Bilder
  • Anpassung des Employer Branding an die DEI-Aktivitäten des Unternehmens
  • Anpassung der Personalauswahlverfahren
Checklisten, Checkliste diversitätssensible Personalauswahl Fachkräftemangel

Vorteile diversitätssensibler Personalgewinnung

Diversitätssensible Personalgewinnung sollte in einem soliden Diversity Management im Unternehmen verankert sein. Unternehmen mit einer diversen Belegschaft profitieren von den vielfältigen Perspektiven, Lebenserfahrungen, Wissensbeständen und Denkweisen ihrer Mitarbeitenden. Das zeigt sich u. a. in einer höheren Innovationskraft des Unternehmens, einer höheren Leistungsfähigkeit der Beschäftigten, einer verbesserten organisationalen Flexibilität, einer gesteigerten Arbeitgeberattraktivität bei den Mitarbeiter*innen und Bewerber*innen (Verbesserung von Image und Reputation) und einer höheren Kundenzufriedenheit und -treue (s. dazu z.B. Becker [2015:51ff.], McKinsey [2018]).

Quellen:

Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2023): Arbeitsleben.

Becker, Manfred (2015): Systemisches Diversity Management. Konzepte und Instrumente für die Personal- und Führungspolitik. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.

bpb (2020): Bundeszentrale für politische Bildung (28.11.2020): Voll- und Teilzeitbeschäftigte.

ifo (2022): Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. (02.08.2022): Fachkräftemangel steigt auf Allzeithoch (Pressemitteilung).

Kersting, Martin; Ott, Michael (2015): Diversity-gerechte Personalauswahl. In: Tobias Ringeisen; Petia Genkova (Hrsg.): Diversity Kompetenz: Perspektiven und Anwendungsfelder. Berlin: Springer.

KOFA 2023: Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung, Status Quo Fachkräftemangel.

McKinsey & Company (2018): Delivering through Diversity. (Vivian Hunt, Sara Prince, Sundiatu Dixon-Fyle, Lareina Yee).

Dr. Steffi Nothnagel

Dr. Steffi Nothnagel ist Gründerin und Inhaberin von Divcono. Sie berät Unternehmen und Organisationen zu Fragen des Diversity Managements und bietet verschiedene diversitätsbezogene Qualifizierungsformate an. 

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